Ich fühlte mich wie ein Cyborg. Meine Hand und der Griff der FS5 sind sofort verschmolzen, als ich zum ersten Mal eine Sony PXW FS5 in der Hand hatte. Da hat jemand mal richtig an mich gedacht. Ich wollte die Kamera nie wieder hergeben – obwohl sie nicht mir gehörte. Und eine Woche später habe ich sie mir gekauft.
Hinweis: Ich gehe in diesem Beitrag bewusst nicht auf die technischen Daten ein. Wer die studieren will, bekommt die Infos direkt bei Sony.
Und noch ein Hinweis: Ich drehe überwiegend in 1080P und eher selten in 4k. Alles, was ich ab hier schreibe, bezieht sich auf den HD-Modus der Kamera mit 1080/25p in 10 Bit 422 mit 50 MBit/s. Herrje, jetzt bin ich doch mit Technik gekommen. Nun aber los!
Passform und Gehäuse
Die Kamera passt einfach. Noch dazu ist sie leicht. So viel leichter als meine F3, die mit den dicken BLOQ-Akkus und den fetten Festbrennweiten zwar vom Stativ aus toll war. Aber mit der F3 aus der Hand drehen war kein Spaß. Und ich drehe ziemlich viel aus der Hand.
Ein Zeichen, dass Sony beim Design an Videojournalisten und Dokumentarfilmer gedacht hat ist der geniale Handgriff. Auf dem finden sich Auslöser, Blendenrad, Zoom-Wippe sowie zwei frei belegbare Knöpfe. Auf den Knöpfen habe ich die Ausschnittvergrößerung und das Peaking. Ein zusätzlich angebrachter Riegel, löst die Drehfunktion aus: Zur Seite schieben, Handgriff drehen und schon sitzt der Griff in der richtigen Position.
Ja, genau, ich habe „Blendenrad“ geschrieben. Ich kann vom Handgriff aus die Blende einstellen. Das ist so bequem, dass ich mich wundere, wie ich je ohne dieses Rädchen ausgekommen bin.
Das Gehäuse ist modular aufgebaut: der Handgriff lässt sich abschrauben, den LCD-Screen kann man bei Bedarf abschrauben und ausstecken, ebenso den Handgriff. Übrig bleibt der reine Body, ziemlich leicht, um ihn zum Beispiel an einen Kran oder eine Drohne zu hängen.
Zoom-Wippe ohne Zoom-Linse
Die Zoom-Wippe hat eine genauere Betrachtung verdient.
Sie funktioniert sogar dann, wenn gar kein Sony-Objektiv angeschlossen ist. Ich kann sogar mit einer Festbrennweite zoomen. Wie das? Mit Center Scan: Ich drehe ja meist in HD – da braucht die Kamera nicht den ganzen 4k-Chip. Also haben sich die Sony-Techniker gedacht: Warum nicht eine Ausschnittvergrößerung anbieten. Je näher ich mit der Zoom-Wippe heran zoome, desto kleiner wird der Ausschnitt, desto näher wirkt das gefilmte Objekt. An der Qualität merke ich keinen Unterschied. Aber es ist enorm angenehm, wenn ich den digitalen Zoom des Center Scan mit meiner Canon Zoomlinse kombiniere. Der Einsatzbereich erhöht sich enorm. Es ist einfach praktisch.
Natürlich kann ich den Center Scan auch ohne Zoomwippe aktivieren. Dann schaltet die Kamera einfach auf den kleineren Ausschnitt (= größeres Bild) um. Laut Sony soll der digitale Zoom auch in 4k funktionieren. Allerdings habe ich das noch nicht ausprobiert.
Das Gehäuse ist ähnlich durchdacht: Überall finden sich Klemmen für die Kabel – zum Beispiel das vom LCD-Monitor zu seinem Anschluss oder vom Mikro (nicht mitgeliefert) zum XLR-Stecker. Die Kabel bleiben also dort, wo sie hingehören: Am Gehäuse.
Audio-Eingänge verteilt
Von vielen als Vorteil genannt: Ein XLR-Anschluss steht am Body zur Verfügung, der zweite steckt am Handgriff. Der Nachteil dabei: Am Gehäuse haben wir den Input 1, am Handgriff Input 2. Wenn ich mit dem Atmo-Mikro in den ersten Eingang will, ist das Kabel sehr knapp, um es hinten an die Kamera zu stöpseln.
Ich nehme gerne auf zwei Spuren das gleiche Mikro auf, einmal von Hand ausgesteuert und einmal automatisch. Das geht aber nur, wenn das Mikro an Eingang 1 steckt. Für mich bedeutet das einen Komfort-Mangel. Aber andere mögen das anders sehen.
Anschlüsse
Überhaupt, die Anschlüsse. Da hätten wir
- SDI
- HDMI
- Ethernet
Ethernet? Ja, genau. Ich kann die FS5 ins Netzwerk hängen. Übrigens hat sie auch WLAN an Bord. Über das Netz streamt die Kamera Videodaten oder lädt sie auf FTP-Server hoch. Ist ein bissl fummelig zu konfigurieren das Ganze. Bislang hatte ich nur einmal ausprobiert, die Kamera mit dem iPhone fernzusteuern. Funktioniert gut und mit ganz geringen Verzögerungen. Wann ich das in der Praxis brauche? Mal sehen.
Oh, eines habe ich noch vergessen: Die FS5 unterstützt auch NFC. Für uns Apple-User ist das ja noch Terra Incognita. Für alle anderen eine praktische Sache, um Telefon und Kamera zu koppeln.
Der LCD-Screen
Der LCD-Bildschirm kam mir im Vergleich zur FS7 schwächer vor – ist aber immer noch deutlich besser als das, was mir meine alte F3 oder NX5E geboten hatten. Klar, ist ja auch ein paar Jahre neuer. Generell sind LCD-Screens nicht das gelbe vom Ei, wenn man richtig scharf stellen will. Aber mit etwas Gewöhnung und Peaking (bei mir auf Rot gestellt) geht das schon.
Der LCD-Screen ist nicht fix am Gehäuse, sondern kann dort in unterschiedlichen Fassungen montiert werden. Das ist prima, um die ideale Entfernung vom Auge zum Screen einzustellen. Der Nachteil ist allerdings, dass der Screen sich nicht mehr so einfach schützen lässt. Die fest verbauten Monitore hat man einfach eingeklappt und er war geschützt. Hier geht das nicht mehr. Außerdem ist er oft im Weg, wenn ich nach der Kamera greife.
Der Sucher
Mit dem Sucher bin ich auch ganz zufrieden. Speziell bei Doku-Drehs verwende ich den oft. Die Dioptrien-Einstellung dürfte ein wenig leichtgängiger sein, aber mit ein wenig hin und her schafft man es, das Bild scharf zu bekommen. Der Sucher schaltet sich übrigens dann ein, wenn der Monitor abgeschaltet wird.
EF-Adapter
Die FS5 kommt mit einem E-Mount. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Adaptern, ich habe mir den Metabones-Adapter auf EF-Linsen gekauft. Im Metabones steckt noch eine Linse, die den Crop-Faktor der Linse von rund 1,5fach auf 1,07fach verringert. Sprich: Die Linse liefert also annähernd die selben Brennweiten wie auf einer Vollformat-Kamera.
(Die FS5 hat einen S35mm-Sensor, der über den Daumen gepeilt vergleichbar ist mit einem APS-C-Sensor, wie er in vielen Spiegelreflexkameras steckt.)
Aufnahme auf SD-Karten
Praktisch und preiswert: Die FS5 nimmt auf SDXC-Speicherkarten auf. Da kostet eine 64-GByte-Karte um die 40 Euro und reicht in HD XAVC 422 für 140 Minuten. Ne Menge Holz. Und die Karten sind deutlich billiger als die Speicher, die ich für eine FS7 bräuchte. Klasse Sache, wenn man knapp kalkulieren muss.
Die SD-Karten lassen sich auch parallel schalten, um bei der Aufnahme gleich noch ein Backup zu erzeugen. Bei kritischen Aufnahmen – etwa Hochzeitsvideos ist das durchaus eine sinnvolle Option. Schließlich gibt es DEN Augenblick nur ein einziges Mal.
Variabler ND-Filter
ND-Filter? Kenn ich schon lange. Zwei oder drei Stufen: Aus, 1/4, 1/8, 1/16 – fertig. War immer prima. Aber manchmal auch schwer zu handhaben. Manchmal war ND 1/8 noch zu hell, ND 1/16 aber schon zu finster. Was dann tun? Klar auf 1/16 stellen und Empfindlichkeit hoch drehen. Kompliziert.
Mit dem regelbaren, elektronischen ND-Filter der FS5 geht das viel einfacher. Ich stelle das ND-Rad an der Front auf den Wert 1, schalte dann darunter um von Preset auf Variable und gehe darunter noch auf ND. Schon kann ich den Graufilter in viel kleineren Abstufungen wählen. Im Bild sieht das sogar stufenlos aus.
Für mich ein Top-Feature, das ich noch zu wenig nutze. Ich kann Verschlusszeit und Blende vorwählen. Den Rest mache ich dann mit dem ND-Filter. (Die Blende steuere ich weiter über das Rädchen am Handgriff). Genial.
Zeitlupe
In Full HD liefert die FS5 Zeitlupenaufnahmen mit bis zu 240 Bildern pro Sekunde. Dabei nimmt sie acht Sekunden am Stück auf. Praktisch ist die Standardeinstellung, welche die Aufnahme beim Druck auf den Auslöser beendet. Die Kamera speichert also laufend die letzten acht Sekunden mit und stoppt dann. So bekommt man seine Wunschaufnahmen leichter in den Kasten.
Nach dem Druck auf den Auslöser verabschiedet sich die Kamera dann ein Weilchen und rechnet die Daten um.
In 720p reicht die Zeitlupen-Auflösung sogar bis 960 fps. Das habe ich aber erst einmal ausprobiert und das Ergebnis sah nicht richtig gut aus. Immerhin hat es mit 480 fps schon mal für ein nettes Windrad-Video gereicht.
Updates
Mit Updates ist Sony nicht geizig. Ich habe schon die Versionen 1.1 und 1.11 aufgespielt. Die 1.11 war aber eher ein Wartungs-Update, das Probleme in der Bildqualität beheben sollte. Worauf ich warte ist ein Update, das auch 4k in 422 auf dem SDI-Port ausspielt. Dann wäre ich auch in hoher Bildqualität 4k-Ready. Ich bräuchte dann nur noch einen Atomos Assassin oder ein ähnliches Gerät. Hoffentlich ist dieses Update dann auch kostenfrei.
Mein Fazit
Ihr habt es vielleicht schon gemerkt: ich bin begeistert von der Kamera. Sie ist durch und durch für mich gemacht. Ich filme gerne aus der Hand, brauche gute Bildqualität in HD und bei Bedarf auch mal in 4k. Manch einer mag sich am Codec der Kamera stören oder an irgendwelchen Profilen. Das ist sicher auch alles gerechtfertigt. Ich brauche aber ein zuverlässiges Arbeitstier, das sehr gute Ergebnisse liefert, wenn es um Dokus, Messefilme und Industriefilme geht. Mit der FS5 habe ich genau das. Bislang habe ich auf einer Veranstaltung und zwei Messen gedreht und war begeistert. Nicht zuletzt, weil die FS5 so viel leichter ist als meine F3.
Update: Firmware 2.00
Im Mai 2016 kam die neue Firmware 2.00 für die FS5. Darin enthalten:
- Der ND-Filter hat eine Automatik spendiert bekommen. Das bedeutet eine einheitliche Helligkeit bei Aufnahmen, auch wenn man sich zwischen Räumen bewegt. Ich habe das einmal kurz im Raum und am offenen Fenster ausprobiert und finde das sehr gut. Allerdings ist mir noch nicht ganz klar, wonach sich die Automatik richtet. Da muss ich noch einmal nachsehen.
- Über den SDI-Ausgang spielt die Kamera jetzt RAW-Daten aus. Allerdings braucht man dazu noch ein kostenpflichtiges Update “CBKZ-FS5RIF”. Für mich aktuell noch nicht notwendig. Falls mal Produktionsanfragen für 4k in hoher Farbauflösung kommen, werde ich zuschlagen.
- Man kann jetzt zwei Zebra-Stufen voreinstellen. Außerdem kann man den Wert in Ein-Prozent-Schritten festlegen
- Für den Kopfhörer kann man jetzt auswählen, welchen Kanal man abhören möchte. Finde ich praktisch bei O-Tönen.
- Die GPS-Funktion liefert jetzt Daten. Frage mich allerdings, wie viel Strom das kostet. Und welches Schnittprogramm liest überhaupt die GPS-Daten?
Insgesamt ein tolles Update. Die ND-Automatik werde ich sicher noch genauer ausprobieren, auch das Zebra und die Kanalwahl für Kopfhörer gefällt mir. Überhaupt: Sony ist fix mit den Updates und ich bin froh, dass sich die Kamera weiter verbessert.
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