VJ-Kameras fehlen gestalterische Reserven: Ich bleibe auf das fest verbaute Objektiv beschränkt, die kleinen Sensoren machen es schwer, mit der Tiefenschärfe zu spielen. Zeit also, noch einmal aufzusteigen. Die in Aussicht liegenden Aufträge erleichterten die Entscheidung, erneut Geld in die Hand zu nehmen.
Deshalb habe ich mich für eine Sony PMW F3 entschieden und mir beim Verleih meines Vertrauens ein Exemplar gebraucht gekauft. Inklusive allem Zubehör und den folgenden Investitionen waren gut 12.000 Euro fällig.
Wieso Zubehör und Investitionen? Weil so eine F3 ohne Drumherum kaum zu gebrauchen ist. Fangen wir bei den Akkus an. Die kleinen Sony-Batterien reichen nicht sehr lange. Außerdem verlangt das Zubehör auch nach Strom: Kopflicht, Rekorder und so weiter. Also habe ich mich für zwei große BLOQ-Akkus entschieden. Einer reicht für einen guten halben Drehtag inklusive ein bissl Kopflicht, im Ladegerät ist er nach gut einer Stunde wieder voll. Mit zwei Akkus komme ich prima über den Tag.
Diese Akkus samt Ladegerät kosteten rund 1.350 Euro. Netto. Und dann sind sie immer noch nicht an der Kamera. Ich brauchte noch eine Aufsteckplatte. Und die muss auf zwei Röhren, die wiederum in einer Basisplatte stecken, auf der die Kamera sitzt. Und dann noch ein Follow Focus und, und, und.
Arm mit Kameras
Mit Kameras kann man arm werden. Also habe ich einen Schlussstrich gezogen: „Das was es bis hierher, mehr Equipment brauche ich nicht.“ Diesen Punkt habe ich Anfang 2014 erreicht, also etwa ein Jahr nach der Anschaffung der Kamera.
Ein weiterer Kostenfaktor sind die Objektive. Meine F3 hat ein PL-Mount. Das ist der Standard-Anschluss für Kinolinsen. Drehen mit Wechseloptiken macht Spaß und öffnet neue Welten in der Gestaltung. Das Dumme daran: Linsen mit PL-Mount sind unglaublich teuer. Ein gutes Zoom fängt bei 15.000 Euro an. Und das kann ich weder vor mir selbst rechtfertigen noch in angemessener Zeit reinarbeiten. Normale Kameraobjektive sind viel billiger, zum Beispiel solche von Canon, die normalerweise auf eine DSLR kommen. Also habe ich nochmals rund 1.200 Euro in die Hand genommen und mir einen Adapter für EF-Linsen gekauft. Inklusive Steuereinheit für die Blende. Denn moderne Foto-Linsen haben keinen Blendenring mehr. Mit dem Adapter passen jetzt auch meine alten Vintage-Linsen an die F3 und das 24-70mm-Zoom, das ich mir kurz vor Weihnachten noch zugelegt habe. In der Regel bin ich unterwegs mit dem Canon-Zoom und den Festbrennweiten, die Sony zu seiner F3 mitgeliefert hat. Das reicht für praktisch alle Aufgabenstellungen. Und falls ich doch mal mehr Brennweite brauche, leihe ich mir günstig ein Canon-Telezoom.
Über das Jahr hat sich die Anschaffung der Kamera amortisiert und ich habe ganz gut verdient. Die Aufträge waren zahlreich, gut dotiert und darüber hinaus konnte ich die Kamera noch ein paar Mal verleihen. Insofern bereue ich die Anschaffung nicht. Und die F3 wird sicher noch die nächsten Jahre ein gutes Arbeitsgerät sein – außer die Kunden wollen 4k. Dann muss ich mir eine andere Kamera leihen.
Nachtrag: Inzwischen habe ich mir eine Sony PXW FS5 gekauft – die ist kompakter, leichter und kann auch 4K.
Nachteile
Die tolle Bildqualität spricht für die PMW F3, der hohe Preis dagegen. Neben dem Preis hat sie noch einen anderen Nachteil: Sie ist unhandlich und schwer. Eben mal aus der Hand filmen ist nicht so einfach. Irgendwann lässt die Kraft nach.Wenn ich ohne Stativ filmen will, brauche ich also noch ein Shoulder-Rig samt Bauchstütze, um die Kamera wirklich bequem zu tragen. Dass das noch ein weiteres Loch ins Budget geschlagen hat, brauche ich ja nicht zu erzählen.
Natürlich hat der große Sensor nicht nur Vorteile. Wenn es schnell gehen muss, beispielsweise bei VJ-Einsätzen, wird das Regeln der Schärfe schwierig. Ein kleinerer Sensor lässt dank seiner größeren Schärfentiefe mehr Reserven. Deshalb filme ich nach wie vor gerne mit dem VJ-Henkelmann. Die Bilder sehen dann vielleicht nicht soooo toll aus. Aber sie sind scharf.
Mein Fazit
Die F3 war eine gute Anschaffung, die sich auch gerechnet hat und hoffentlich noch weiter rechnen wird. Ich habe den Kauf nicht bereut: Von der Qualität her ist die F3 klasse. Ein robustes Arbeitsgerät mit toller Bildqualität. Große Sensoren haben den Vorteil, dass sie lichtempfindlich sind und es erlauben, mit der Schärfentiefe zu spielen. Auch bei wenig Licht bekomme ich gute Bilder. Und, ganz wichtig, ich habe Reserven, um missglücktes Material doch noch zu retten. Sie liefert fantastische Bilder, ist allerdings unbequem in der Handhabung.
Wer hauptsächlich aktuelle Bilder liefern will, auf Veranstaltungen und Messen dreht, der ist mit einem VJ-Henkelmann gut bedient. Sobald es aber szenisch wird und in Richtung Unternehmensvideo geht, darf es gerne ein größerer Chip und eine Kamera wie die F3 sein.