DSLR Video bedeutet: Schöne Bilder zu einem günstigen Preis.Eine EOS 7D von Canon war nach der großen Canon XL2 und der SD707 meine dritte Kamera, die ich zum Filmen gekauft habe. Um es vorweg zu nehmen: Ich verwende die DSLR nur noch selten bei Drehs, aber ich bereue es nicht, die Kamera damals gekauft und ausprobiert zu haben. Außerdem fotografiere ich gerne und viel mit der 7D.
Inhalt
Die Vorteile der DSLR
Geringe Schärfentiefe, hohe Lichtempfindlichkeit, Wechselobjektive. Und ganz nebenbei kann das Ding auch noch Fotos machen. Das sind die Vorteile der DSLR.
Viele Internet-Filmer wollen einen tollen Film-Look haben. Den liefern DSLR-Kameras durchaus. Bei szenischen Aufnahmen oder Interviews ist eine geringe Schärfentiefe eine schöne Sache. Die Bilder wirken weich, der Zuschauer wird über die Schärfeebene geführt und außerdem stört es nicht, wenn der Hintergrund unordentlich ist.
Der große Sensor fängt außerdem viel Licht ein. So kann eine DSLR auch bei schwachem Licht noch schönes Material liefern.
Praktisch ist, dass Ihr mit einer DSLR mehrere Objektive nutzen könnt: Festbrennweiten, Zoom-Objektive, Weitwinkel – was immer Ihr wollt. Klar, kosten auch Objektive Geld – aber bei Fotokameras sind die Gläser immer noch deutlich günstiger als bei Linsen für ausgewachsene Filmkameras.
Mein Tipp: Besorgt Euch Adapter und alte Fotolinsen (mehr dazu in meinem Beitrag über Vintage-Objektive). Das spart eine Menge Geld und gibt Euren Videos einen besonderen Look.
Und – nicht zu vergessen – oft gibt es schon eine Spiegelreflex-Kamera im Haushalt, die sich auch für Videos eignet. Preisgünstiger geht es nicht, wenn Ihr Euch mal an einem Video versuchen wollt.
Einen Vorteil habe ich noch: Eine DSLR ist für Unbeteiligte in erster Linie ein Fotoapparat. Wenn Ihr also irgendwo unauffällig drehen wollt, nehmt die DSLR mit – dann aber ohne Rig und Aufbauten. Außerdem ist eine Spiegelreflexkamera immer als Zweitkamera praktisch.
Nachteile der DSLR
Wer mit einer DSLR filmt, bekommt einen tollen Look, erkauft sich den aber mit einer Menge Kompromisse. Und mit teurem Zubehör.
Erster Kompromiss: die DSLR ist ein Fotoapparat, keine Filmkamera. Das bedeutet, Ihr könnt die Kamera nicht so gut und einfach stabil halten wie eine Filmkamera. Beim Filmen aus der Hand bekommt Ihr also ziemlich viel Gewackel. Klar, mit ein wenig Training werden die Filme besser – und manche stehen auf den DSLR-Wackellook. Aber ein stabiles Bild sieht anders aus.
Mein größtes Problem beim Drehen aus der Hand ist übrigens die Rotation der Kamera um die Längsachse. Das bekomme ich nur schwer in den Griff. Als Resultat habe ich immer wieder einen schiefen Horizont. Bei einem Foto macht das nichts aus. Mit 20 oder mehr Megapixel fallen beim Rotieren des Bildes ja nur ein paar Bildpunkte heraus. Bei einem HD-Video allerdings geht Auflösung verloren, wenn man den Film erst einmal noch in die richtige Lage drehen muss.
Das Shoulder Rig
Um das Problem bei der Handhabung zu lösen, gibt es ein Hilfsmittel: ein Shoulder Rig. Das ist ein Aufbau, den Ihr auf die Schulter legt und auf den Ihr die Kamera steckt. Mit der Schulter habt Ihr dann einen dritten Auflagepunkt für die Kamera und das Bild wird wesentlich stabiler.
Solche Rigs gibt es auch, um sie vor die Schulter zu klemmen. Funktioniert auch, ich finde es aber nicht so bequem.
Kosten: Ab rund 50 Euro, wenn Ihr Euch ein günstiges Rig bei Ebay holt. Wenn es wirklich Qualität sein soll, müsst Ihr mit 600 Euro und mehr rechnen.
Ich habe mir seinerzeit ein Rig aus dem Baumarkt zusammengestellt. Ein paar Rohre, ein Lochblech, ein Metallbohrer. Für rund 90 Euro hatte ich ein Gestell, mit dem ich arbeiten konnte.
Mehr dazu findet Ihr in meinen Beiträgen zum Selbstbau-Shoulder Rig.
Viewfinder oder Monitor
Die Bildbeurteilung bei einer DSLR ist auch ein Problem. Im Film-Modus klappt der Spiegel der Kamera hoch. Ihr könnt das Vorschaubild also nicht durch den Sucher sehen sondern nur auf dem rückwärtigen Display. Und das ist wenig aussagekräftig, um zum Beispiel die Schärfe zu beurteilen. Irgendwie geht es schon, aber es ist unbequem und kann zu ärgerlichen Unschärfen führen.
Abhilfe schaffen Aufsätze für das Display. Die klemmt Ihr hinten auf die Kamera. Dann seht Ihr beim Filmen durch ein Okular, das den Display-Inhalt vergrößert. Ganz nebenbei stabilisiert Ihr die Kamera: Die DSLR in zwei Händen halten und an das Auge andrücken. Schon habt Ihr drei Punkte und ein stabiles Bild.
Ich habe auf dieses Zubehör verzichtet, gleichwohl halte es ich es für eine sinnvolle Anschaffung, falls Ihr mit der DSLR ernsthaft drehen wollt. Allerdings müsst Ihr dafür 150 bis 400 Euro anlegen.
Eine Alternative zum Okular ist ein externer Monitor. Und genau so einen hatte ich per HDMI-Kabel an die Kamera angeschlossen. Zur Schärfebeurteilung war der schon ganz gut. Sucht bei Ebay mal nach Lilliput, falls Ihr einen günstigen externen Bildschirm wollt. Die Dinger sind aus Fernost und mit rund 170 Euro recht preisgünstig. Ein externer Monitor ist flexibler, Ihr müsst nicht ständig das Auge am Sucher haben, sondern könnt Euch den Monitor hindrehen, wie Ihr möchtet. Nachteil bei einem externen Monitor (wie auch beim Dispaly) ist die Sonneneinstrahlung. Bei grellem Licht seht Ihr nicht mehr viel vom Bild, außer Ihr baut um den Monitor herum Lichtschutzblenden an.
ND-Filter für DSLR Video
Ein weiterer Nachteil der Fotoapparate offenbart sich, wenn Ihr bei Sonnenschein mit geringer Schärfentiefe drehen wollt. Denn für einen kleinen Schärfebereich, heißt es „Blende auf“. Und das bedeutet „viel Licht kommt rein“. Bei Sonnenschein viel zu viel Licht.
Der Fotograf hat ein gutes Gegenmittel: Belichtungszeit verkürzen. Doch wenn Ihr das auch macht, habt Ihr schnell ein Problem. Die Aufnahmen fangen an zu ruckeln.
Ein Film besteht ja aus Einzelbildern, den Frames. In der Regel sind das 25 pro Sekunde. Je kürzer die Belichtungszeit eines Frames ist, desto länger ist die Pause bis zum nächsten Bild. In der Pause kann sich ein Mensch oder ein Gegenstand schon ein gutes Stück weiter bewegen, bevor der nächste Frame aufgenommen wird. Es entsteht also keine fließende Bewegung sondern ein seltsam anmutendes Ruckeln.
Also solltet Ihr die Belichtungszeit nicht verkürzen. Und die Blende wollt Ihr auch nicht zudrehen. Was also dann? Die Lösung heißt ND-Filter. In professionellen Kameras sind die fest eingebaut und Ihr müsst nur einen Hebel drücken, um den ND-Filter zuzuschalten. Nicht so bei der DSLR.
Die Lösung: Für Foto-Objektive gibt es ND-Filter zum Aufschrauben. Besorgt Euch mehrere Abstufungen der Filter, um flexibel auf die Lichtverhältnisse zu reagieren. Falls Ihr Objektive mit unterschiedlichen Filtergewinden verwendet, braucht Ihr mehrere Filter. Es gibt auch verstellbare ND-Filter zum Aufschrauben.
Alternativ zu den aufschraubbaren Filtern verwendet Ihr ein Kompendium und Einsteckfilter. (Ein Kompendium ist ein Aufsatz, der vor die Kamera kommt. Es besteht aus mehreren großen Klappen, die den Lichteinfall von der Seite oder von oben kontrollieren sowie einem oder mehreren Einschüben für Filtergläser. Gute Kompendien gibt es so ab rund 800 Euro. Dazu braucht Ihr allerdings auch noch ein Befestigungssystem. Das kann teuer werden.)
So oder so: das Aufschrauben oder Einstecken von ND-Filtern ist umständlich und kostet Zeit. Kein Problem, wenn Ihr szenisch filmt, aber für News und Dokus dreht man dann doch lieber die Blende zu.
DSLR ist Handarbeit
Beim Drehen mit der DSLR ist praktisch alles Handarbeit, Ihr könnt Euch auf keine Automatik verlassen. Ältere Kameramodelle zum Beispiel haben keinen Autofokus, wenn sie filmen. Ihr müsst die Schärfe also von Hand ziehen. (Neuere DSLR-Modelle können das, so weit ich weiß, ausprobiert habe ich das aber noch bei keiner.)
An sich ist das kein Problem – das machen Filmprofis auch den ganzen Tag. Allerdings haben die Fotoobjektive zwei Nachteile beim Schärfe ziehen: Sie machen möglicherweise Geräusche beim Schärfen und die Schärfeskala ist oft zu fein. Meist schärft Ihr erst einmal deutlich am Ziel vorbei, bevor Ihr zurück dreht und dann die richtige Schärfe findet. Aber mit ein wenig Übung ist auch das zu machen. Falls Ihr besonders fein schärfen wollt, besorgt Euch einen Follow Focus. Diese Vorrichtung wird per Zahnrad oder Zahnriemen mit dem Objektiv verbunden und erlaubt, die Schärfe wirklich fein zu justieren. Kostenpunkt je nach Qualität ab 500 Euro.
Das automatische Scharfstellen werdet Ihr vermissen, wenn es um schnelle Aufnahmen geht, wenn Ihr also nicht inszenieren könnt, sondern nehmen müsst, was da ist. Als ich 2010 bei einer Sportveranstaltung gedreht habe, bin ich schier verrückt geworden mit der Schärfe – trotz externem Monitor. Das macht keinen richtigen Spaß.
Auch fehlen der DSLR so wichtige Hilfsmittel wie die Zebramuster oder Peaking, um Helligkeit oder Schärfe zu beurteilen. Abhilfe kann hier ein Firmware-Hack schaffen, der unter dem Namen „Magic Lantern“ bekannt wurde.
Tonprobleme bei DSLR
Das nächste schwierige Feld ist der Ton. Eine DSLR hat in der Regel einen Miniklinken-Eingang für ein Mikro und irgendwo am Gehäuse ein winziges Loch, in dem ein Einbaumikro steckt.
Um einigermaßen vernünftig Atmo aufzunehmen – also Umgebungsgeräusche – empfehle ich dringend ein Aufsteckmikro. Zum Beispiel das Videomic von Rode. Für Interviews und Aufsager könnt Ihr Handmikrofone anstöpseln. Aber wenn der Sound professionell klingen soll, rate ich zu einem externen Rekorder, wie es sie von Tascam oder Zoom gibt. An die Rekorder könnt Ihr ordentliche Mikros via XLR-Kabel anschließen und den Ton sauber überwachen und Pegeln. Die Rekorder haben auch eine Phantomspeisung, um gute Mikros zu versorgen.
Mein Fazit
Die DSLR ist nicht zum Filmen gemacht. Falls Ihr nicht ausschließlich vom Stativ dreht und dabei auf guten Ton verzichtet, braucht Ihr Zubehör. Und da heißt es gut rechnen: Denn die Kombination aus DSLR und Zubehör kann in die Tausende gehen. Und dann stellt sich die Frage, ob Ihr nicht mit einer reinen Videokamera besser bedient seid. (Lest hier den Test der Sony PXW FS5).
Ich drehe gern mit der Nikon D5200 und div. Wechselobjektiven.
Der große Nachteil ist, dass die Bildstabilisatoren zum Fotografieren ausgelegt sind. Zum Schwenken müssen sie ausgeschaltet werden, ansonsten sind sie nur in speziellen Situationen zu gebrauchen, z. B., wenn man ein Objekt verfolgt.
Hast Du Erfahrungen oder gibt es mittlerweile überhaupt Optiken, die einen guten Stabilisator haben, der sich auch zum Filmen eignet?
Hi, auch die Stabis von Filmobjektiven muss man in der Regel beim Schwenken ausschalten. Sonst gibt das so komische Nachzieheffekte. Ich kenne Kameraleute, die mit Canon-Objektiven arbeiten und da auch die Stabilisatoren schätzen.
Für Schwenks würde ich empfehlen: falls vorhanden Stativ und keine zu lange Brennweite. Dann Stabi aus und gut ist 🙂
Danke für die Bestärkung meiner Absicht…
Einen Rat hiezu brauch ich allerdings: Wie stelle ich sicher, dass ich in der richtigen Schärfeebene bin? Was verwendest du häufiger? AF oder manuell? Und wie kontrollieren? Sucher oder kleines Display? thx!
Kommt drauf an 🙂
Ich habe schon ein paarmal die Schärfe im Standbild mit dem Autofokus gemacht und dann auf manuell umgeschaltet. Aber in der Regel mache ich die Schärfe manuell und kontrolliere sie bei der DSLR hinten am Monitor. Dabei verwende ich immer die Vergrößerungsfunktion vom Display.